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Trainieren heißt Lernen – Aber wie lernen wir richtig?
Warum wir uns häufiger in die Wildnis wagen sollten

Herzlich Willkommen zur ersten Ausgabe des “Werfen Stoßen Wissen Schaffen” Newsletters!
Gute Trainer:innen hören nie auf zu lernen. Doch Lernen bedeutet nicht nur, Wissen aufzunehmen, sondern auch, sich mit neuen Ideen auseinanderzusetzen, kritisch zu hinterfragen und den eigenen Ansatz weiterzuentwickeln.
In dieser Ausgabe geht es genau darum: Wie können wir besser lernen? Wie beeinflusst unser Umfeld diesen Prozess? Und was haben Tiger damit zu tun?
Lernen und zwei Arten von Tiger
Ihr habt euch für die B-Trainer-Fortbildung entschieden – das zeigt, dass ihr bereit seid zu lernen. Aber wie geht es jetzt weiter?
Eric Hoffer, ein Amerikanischer Philosoph, hat einmal gesagt:
“In times of change, learners inherit the earth, while the learned find themselves beautifully equipped to deal with a world that no longer exists.”
Lernen ist ein immer fortlaufender Prozess. Es kann nicht abgeschlossen werden. Wir müssen uns immer aktiv darum bemühen weiter zu lernen. Man muss sich den lernenden Trainer als einen glücklichen Menschen vorstellen.
Dieser Newsletter soll euch nicht nur Impulse geben, sondern euch auch dabei unterstützen, weiter zu wachsen. Es soll euch einen Anstoß geben, am Ball zu bleiben, damit wir uns auf dem Weg des ständigen Lernens gegenseitig begleiten können.
Die schlechte Nachricht zuerst: Man muss etwas dafür tun, um besser zu werden. Um Bernd das Brot zu zitieren: „Mist.“
Die gute Nachricht: Lernen ist eine Fertigkeit – du kannst besser darin werden zu lernen!
Lernen kann und muss also auch in gewisser Weise trainiert werden. Aber wie?
Trevor Ragan spricht in diesem Zusammenhang von Zoo-Tigern und Dschungel-Tigern (seinen TEDxtalk findet ihr hier). Welcher Tiger würde besser in der Wildnis überleben?

Natürlich der Dschungel-Tiger! Aber woran liegt das? Schließlich haben beide Tiere Streifen, einen Schwanz und scharfe Zähne. Was die beiden unterscheidet ist ihre Umwelt. Die Umwelt des Dschungel-Tigers ist hart. Er muss jagen, sein Revier verteidigen, und ist den extremen Witterungsbedingungen ausgesetzt. Aber der Dschungel erlaubt es ihm Dinge zu tun, die der Zoo-Tiger niemals machen könnte. Der Dschungel-Tiger lernt sich anzupassen und in der Wildnis zu überleben. Unsere Komfortzone ist der Zoo. Wenn wir mit Problemen konfrontiert werden, können wir uns entscheiden, ob wir im Zoo bleiben wollen oder ob wir in den Dschungel gehen.
Um bessere Lerner zu werden, müssen wir Wege finden, mehr Zeit im Dschungel zu verbringen. Aber der Dschungel macht Angst. Angst vor dem Ungewissen, Angst vor Blamage, Angst vor Fehlern. Angst ist, was uns im Zoo hält. Wir müssen diese Angst verstehen, akzeptieren und umformulieren. Jedes Mal, wenn ihr mit einem Dschungel-Tiger Moment konfrontiert seit, werdet ihr Angst haben und Fehler machen – und das ist okay. Solange ihr aus diesen Fehlern lernt und euch nicht abschrecken lasst.
Die Wahrheit ist, dass es sehr einfach ist, darüber zu schreiben und sehr viel schwerer, es tatsächlich zu tun. Das Gute ist: jeder von uns war schonmal ein Dschungel-Tiger! Sich für einen Beruf zu bewerben ist ein Dschungel-Tiger Moment, an einem Wettkampf teilnehmen, Fragen stellen, neue Dinge lernen, sich bei einem B-Trainer anmelden. In all diesen Situationen hattet ihr die Wahl und ihr habt euch gegen Gemütlichkeit und Routine und für den Dschungel entschieden. Wir haben es einmal geschafft, also schaffen wir es auch nochmal!
Das Ganze mag wie eine Geschichte klingen, die man Kindern vorliest, um sie dazu zu bringen ihr Gemüse zu essen (und hat der Bär im Dschungel nicht irgendwas von Gemütlichkeit gesungen?). Aber es gibt Beweise, dass der Dschungel-Tiger Ansatz fundiert ist.
In einer Studie aus dem Jahr 2018 wurden die Gehirne von wilden und domestizierten Hasen mittels Magnetresonanztomographie (MRT) untersucht. Domestizierte Hasen hatten, im Vergleich zu ihren wilden Artgenossen, eine veränderte Gehirnstruktur einhergehend mit reduzierter Fähigkeit zu lernen sowie beeinträchtigter Informationsverarbeitung. Die Haltung von Tieren in kontrollierten Umfeldern führt dazu, dass Hasen weniger ängstlich sind und sich auf den Arm nehmen lassen, aber auch zu einem kleineren Verhältnis von Gehirn- zu Körpermasse. Dieses Verhältnis bestand auch nachdem in Hinsicht auf Körperkomposition kontrolliert wurde. Diese Beobachtungen stehen im Einklang mit weiteren Vergleichen von Wild- zu Haustieren.
Doch wie sieht es bei Menschen aus? In einer sehr interessanten Studie wurden die Gehirne von Taxi- und Busfahrern untersucht. Die Fahrer wurden anhand ihrer Navigationserfahrung (der Zeit die sie gefahren sind) verglichen. MRT Scans zeigten, dass Taxifahrer ein größeres Hirnvolumen im mittleren hinteren Hippocampus aufwiesen. Der Hippocampus ist eine wichtige Hirnstruktur, welche an der Gedächtnisbildung, dem Lernen und der räumlichen Navigation beteiligt ist. Zudem korrelierte das Hippocampusvolumen und die Navigationserfahrung nur bei Taxifahrern, nicht aber bei Busfahrern. Was unterscheidet Taxifahrer von Busfahrern? Busfahrer haben eine vorgegebene Route, die sie jeden Tag abfahren. Taxifahrer hingegen sind immer wieder mit neuen Aufgaben und Wegen konfrontiert. Jede Fahrt ist anders.
Was können uns diese Ergebnisse sagen?
Unsere Umwelt hat einen sehr starken Einfluss auf uns (domestiziert versus wild)
Es geht nicht nur um die Anzahl (Fahrten durch die Stadt) sondern vielmehr um die Qualität der Wiederholungen (Neuheitsreiz)
Jeden Tag, wenn es um das Lernen geht, dürfen wir wählen. Welcher Tiger wollt ihr sein? Dschungel-Tiger oder Zoo-Tiger?
Als abschließende Fragen für euch: In welchen Aspekten eures Trainings steckt ihr im Zoo fest und wo könnt ihr in die Wildnis ausbrechen? Macht ihr eure Athleten zu Dschungel-Tigern oder Zoo-Tigern? Was unterscheidet einen Dschungel-Trainer von einem Zoo-Trainer? Ich würde mich freuen eure Gedanken zu diesen Themen zu hören.
News
Am Samstag, den 05. April 2025 führen Daniel Steup und ich in Mainz (Dalheimer Weg 2, 55128 Mainz) eine Kadermaßnahme durch.
Wer für eine Hospitation vorbeikommen will, ist herzlich willkommen.
Inhaltliche Schwerpunkte werden sein:
Allgemeine Athletik - Verbesserung von Beweglichkeit, Koordination und Stabilität
Disziplinspezifische Inhalte – Individuelle Technikanalysen und gezielte Technikschulung
Spezielles Krafttraining – Übungen und Prinzipien für disziplinspezifische Kraftentwicklung
Trainings- und Wettkampfplanung – Strukturierung der Saison und Wettkampfplanung
Der Zeitplan sieht wie folgt aus:
09:00 – 09:30 Uhr | Anreise & Begrüßung
09:30 – 10:30 Uhr | Warm-Up & Athletikeinheit
10:30 – 12:00 Uhr | Disziplinspezifische Technikschulung (Schwerpunkt: Diskus und Kugel)
12:00 – 13:00 Uhr | Mittagspause (Verpflegung bitte selbst mitbringen)
13:00 – 14:30 Uhr | Spezifisches Krafttraining
14:30 – 15:30 Uhr | Trainings- und Wettkampfplanung (optional je nach Raumverfügbarkeit)
15:30 Uhr | Abschluss & Feedback
Danke fürs Lesen! Bis zum nächsten Mal!
Simon